In der siebenten Generation führt sie den Betrieb, aber jetzt ist Schluss: „Das tut sehr weh, aber irgendwann muss es ja weitergehen. Ich kann nicht warten, bis ich irgendwann den Rollator durch die Räume schiebe.“
Direkt im Herzen der Inselmetropole, Am Markt 21 in Burg gelegen, ist das traditionsreiche Familienunternehmen nicht nur auf Fehmarn ein Begriff.
Susanne Skerra verbindet viel mit dem Hotel
Siebzig Jahre jung ist Susanne Skerra, viel verbindet sie mit „Wisser’s Hotel“, das sie 1980 mit ihrem damaligen Ehemann Klaus Skerra übernahm. „Zweieinhalb Jahre haben wir umgebaut, zum Zinssatz von 17,8 Prozent“, blickt sie zurück. Die Eröffnung war ein Wechselbad der Gefühle. „Mein Onkel Hermann Wisser junior war zur Fußball-WM nach Italien gereist. Dort ist er gestorben, hat die Eröffnung nicht mehr erleben können.“ Ihm zu Ehren wurde in den Gasträumen das Familienwappen wieder aufgehängt. Es zeigt drei Fische, die namensgebend für das Hotel waren: „Aus der holländischen Sprache abgeleitet, wurde das deutsche Wort Fischer mit ,Visser‘ übersetzt, daraus wurde im Laufe der Zeit der heutige Name ,Wisser‘“, gewährt sie Einblick in die Familiengeschichte: „Das Wappen ist auch in der Burger Kirche sowie im Rathaus zu sehen.“
Alleine hätte ich es nicht geschafft
Hermann Wisser senior und seine Ehefrau Katharina, die eine geborene Eberhardt war – so manche(r) Fehmaraner*in wird sich noch an das Ehepaar und auch an die ehemalige Sattlerei Eberhardt in der Burger Bahnhofstraße erinnern.
Susanne Skerra blickt zurück: „Meine Oma Katharina stand oft von morgens um acht bis abends um 22 Uhr in der Küche.“ Als einziges Enkelkind stand sie 1980 in den Startlöchern, wollte die Familientradition gemeinsam mit ihrem damaligen Ehemann Klaus Skerra fortführen: „Alleine hätte ich es nicht geschafft“, ist sie sich sicher.

Das Hotel war prägend
Turbulent ging es ebenfalls in den nachfolgenden Jahren zu. Zur Vermietung des Hotels und zum laufenden Restaurantbetrieb gehörten außerdem Küchenarbeit, die Reinigung der Zimmer und das Putzen der Toiletten. Susanne Skerra hat überall tatkräftig mit angepackt. Das Hotel war selbstverständlich auch prägend in der eigenen kleinen Familie: „Pünktlich“ zur Eröffnung der Disco wurde Sohn Frank geboren, einen etwas unpassenden Zeitpunkt hatte sich das erste Kind da ausgesucht. Dreieinhalb Jahre später wurde Tochter Nicole geboren.
Susanne Skerra hat Unternehmensgeschichte geschrieben
Über vier Jahrzehnte hinweg hat Susanne Skerra Unternehmensgeschichte geschrieben, die Familientradition in siebenter Generation fortgeführt. Viel Schönes, aber auch Trauriges prägte die Firmengeschichte. „Die Disco im Spiegelsaal in „Wisser’s Hotel“: „Dort haben die Großbauern alle groß gefeiert, kamen dafür aus Neustadt, Lübeck und Lensahn, obwohl um ein Uhr nachts das Licht ausging, denn gleichzeitig lief ja der Hotelbetrieb.“ Hinzu kamen im Laufe der Jahre einige andere Unternehmen, unter Anderen eine Tennishalle und die „Tenne 24“, das ehemalige Restaurant in der Burger Bahnhofstraße, die Vermietung von fünfhundert Strandkörben am Südstrand Burgtiefe und nicht zuletzt die Fliegerei.
Viele Stammgäste kamen über zwanzig Jahre
Viele Stammgäste kamen über zwanzig Jahre zum Aufenthalt in „Wisser’s Hotel“. Im Restaurant fanden unzählige Hochzeiten und Firmenjubiläen, aber auch Trauerfeiern statt, Inselkarneval und Harleytreffen waren prägend. Achtmal hat Susanne Skerra in den über vierzig Jahren, in denen sie das Unternehmen führt, Umbauten durchgeführt. Nach dem großen Brand 2003 wurde der Saal niedergerissen. „Der Brand wurde durch Feuerwerkskörper verursacht, die im Teerdach steckten. Ein Nachbar hatte sie abgefeuert. 170 Feuerwehrleute waren damals im Einsatz. Ich konnte nur schnell das Nötigste zusammensuchen und musste dann von draußen alles mitansehen. Zum Glück war ich gut versichert.“
Die nächste Generation richtet ihr Augenmerk auf Fliegerei und Appartementvermietung
Sieben Jahre haben die längst erwachsenen Kinder selbst im Hotel mitgearbeitet, doch „fortführen wollen Frank und Nicole das Unternehmen in der achten Generation nicht, die Verantwortung ist ihnen wohl zu groß“, vermutet Susanne Skerra, „Sie wollen ihr Augenmerk lieber verstärkt auf die Familie, die Fliegerei und Appartementvermietung richten.“ Dreifache Großmutter ist Susanne Skerra mit ihren siebzig Jahren bereits.
Nur wenige Angestellte in Kurzarbeit
Es ist aber bekanntlich auch nicht leicht in der heutigen Zeit, die von Corona geprägt ist, einen Hotel- und Restaurantbetrieb zu führen. Von den Angestellten sind nur wenige in Kurzarbeit: „Es wird gereinigt und gemalt.“ Donnerstags, freitags und samstags von 17 bis 20 Uhr bietet auch „Wisser’s Hotel“ – wie so viele gastronomische Betriebe heutzutage, eine kleine Karte außer Haus, neudeutsch „to go“ an, Bestellungen werden ab 17 Uhr entgegen genommen. „Aber eigentlich lohnt sich das nicht“, räumt die Unternehmerin ein. Außer wie kürzlich für die Bürgercompanie, die mit 55 Personen neulich „Grünkohl to go“ abholte, zeigt sie sich für die Unterstützung dankbar.
Kostspielige Brandschutzauflagen
Doch nicht nur die durch Corona bedingten Auflagen bergen Probleme, auch der jüngste Wasserschaden und die kostspieligen Brandschutzauflagen – und demzufolge nicht zuletzt das Alter: „Mit siebzig Jahren bekommt man eben nicht mehr so leicht einen Kredit für große Umbaumaßnahmen, die sonst fällig gewesen wären.“ Deshalb suchte Susanne Skerra zunächst nach einem Pächter für die Gastronomie von „Wisser’s Hotel“. Als sie schließlich in nähere Verhandlungen eintrat, stellte sich schnell heraus, dass der Interessent einem Konsortium angehört, das viele Lokalitäten aufkauft.
Wie geht es mit den Angestellten weiter?
Zwölf Beschäftigte im Winter, zwanzig bis 25 in der Saison – wie geht es weiter für die Mitarbeiter*innen von „Wisser’s Hotel“? „Viel Veränderung wird es erstmal nicht geben“, so Susanne Skerra. „Die Gesellschaft wird die Mitarbeiter, wenn diese wollen, übernehmen. Der Hotelbetrieb wird weiterlaufen, die Gastronomie bleibt. Die Küche wird künftig deutsch-asiatisch.
Käufer sind „eine gute junge Truppe“
Den Namen des Käufers will sie erst in zwei Wochen preisgeben, „wenn der Vertrag hoffentlich unterschrieben ist. Noch werden nämlich die Häkchen und Ösen darin geprüft.“ Aber ihrer Meinung nach handelt es sich um „eine gute junge Truppe zwischen 40 und 55 Jahren“, die den traditionsreichen Betrieb nach 199 Jahren Wisserscher Familiengeschichte übernehmen wird.
Unklar, ob der Name bleibt
„Ob der Name ,Wisser’s Hotel‘ bleibt, ist unsicher“, kennt sie die genauen Pläne der Gesellschaft jedoch nicht: „Aber egal, wenn ich raus bin, bin ich raus“, sagt sie, auch, wenn es ihr anzumerken ist, dass ihr das so leicht dann doch nicht fällt. „Ich hoffe, es bleibt etwas Geld über nach Steuer und Krediten“, spannt sie gekonnt den Bogen zu einem anderen Thema und lacht.
„Irgendetwas Nettes wird mir schon einfallen“
Wie geht es für sie persönlich weiter? „Ich bleibe der Insel treu“, verspricht Susanne Skerra: „Ein Jahr lang bleibe ich hier noch wohnen, dann ist hoffentlich mein Häuschen hier auf Fehmarn fertig gebaut. Künftig werde ich die Stammtische draußen auf der Terrasse genießen, ohne zwischendurch aufzustehen und Bier zapfen zu müssen.“ Die Hände in den Schoß legen wird sie sicher nicht: „Golfen, soziales Engagement, ein Buch schreiben… irgendetwas Nettes wird mir schon einfallen.“
Harleytreffen und Silvesterpartys
Irgendwann hofft sie, wie so viele andere Menschen auch, wieder in den Urlaub fliegen zu können. Amerika wäre noch ein Ziel, verrät sie. Ski laufen und Motorrad fahren gehören ebenfalls zu ihren Hobbys, die sie weiter ausüben will. „Und hoffentlich bleiben die Harleytreffen und Silvesterpartys. Dann werde ich mit Wein, Bier und Zigarre dabei sein“, verspricht sie lachend.
Ich habe alles gegeben
„Ich habe alles versucht und alles gegeben. Mehr ging nicht“, blickt Susanne Skerra heute zurück auf ihr Lebenswerk. „Ich wünsche meinen Nachfolgern viel Glück und hoffe auf eine positive Zukunft. Es wird schon gehen.“