Die beiden Leserbriefe vom Wochenende gehen thematisch mit unseren Artikeln zum Touristenansturm und den Parkverboten einher. Die Leser, Jürgen Sohn und Martin Döller, beschreiben dabei ihre Erfahrungen am Pfingstwochenende und dürften vielen damit aus der Seele sprechen. Einen Schuldigen haben sie auch gefunden: In ihren Augen hat Fehmarns Bürgermeister Jörg Weber, als oberster Vertreter der Stadt, trotz Ankündigungen offenbar nicht genug unternommen, um dem erwarteten Besucheransturm Herr zu werden.
Bürgermeister Weber hat den Besucheransturm erwartet
Schon in seinem offenen Brief vom 15. Mai hat Jörg Weber auf den kommenden Besucheransturm hingewiesen. In seinem Schreiben erklärt er, dass Kontrollen aufgrund der Inselgröße schwierig würden, jedoch aber auch eben diese Fläche ein Vorteil sein könnte. So würden sich die vielen Besucher über die Feiertage auf der Insel verteilen. An Ballungszentren würde mit Hinweisschildern auf die geltenden Corona-Regeln hingewiesen und die Ansprache durch das Ordnungsamt intensiviert.

Unhaltbare Situation auf Fehmarn schon an Himmelfahrt
Die Situation an Himmelfahrt war unhaltbar. Die Insel platzte an fast allen Stellen aus den Nähten. Ein Warnsignal für die Stadt, könnte man meinen. Nach Himmelfahrt hat sich Jörg Weber erneut geäußert. Die Problematiken bei der Parksituation und beim Wildcamping seien bekannt. Er könne dafür kein Verständnis aufbringen. Man habe hier entsprechend reagiert und Höhen- sowie Tonnenbegrenzungen eingeführt und absolute Halteverbote ausgewiesen. Ebenso seien Absprachen mit der Polizei getroffen worden, welche verstärkt den Verkehrsraum überwachen sollte.
Konzepte der Stadt Fehmarn gehen offenbar nicht auf
Vielerorts konnte man dann am Pfingstwochenende sehen, dass die Konzepte und Ankündigungen der Stadt augenscheinlich nicht aufgingen. Obwohl sich im Vorfeld offenbar mit den vielen Gästen über Himmelfahrt auseinandergesetzt wurde, waren die neu beschlossenen Maßnahmen – wie z.B. die Halteverbote – ineffektiv oder wurden nicht sanktioniert.
Hinweis: Stellungnahmen angefragt. Eine Anfrage per E-Mail an Bürgermeister Weber vom Sonntag ist bisher noch unbeantwortet, eine Anfrage an den Tourismus-Service von Dienstag ist ebenfalls noch unbeantwortet. Wenn hier Stellungnahmen vorliegen werden sie im Nachgang veröffentlicht.

Polizei fotografiert Fahrzeuge, unternommen wird jedoch nichts
Dass die vielen Fahrzeuge, wie zum Beispiel an der Straße von Orth nach Gollendorf, im absoluten Halteverbot standen, ist unstrittig. Die Polizei befuhr diese Straße um 16:34 Uhr (rund eine Stunde nach der Veröffentlichung unseres Artikels) und fotografierte die dort parkenden Autos einzeln. Abgeschleppt oder „Knöllchen“ verteilt wurden nicht, dies wäre jedoch auch Aufgabe der Stadt, genauer des Ordnungsamtes gewesen.
Hinweis: Eine Anfrage per E-Mail, warum die Autos fotografiert wurden, ist an die Pressestelle der Polizei gerichtet. Eine Antwort haben wir hier waahrscheinlich aufgrund der Feiertage noch nicht erhalten.
Scharbeutz geht mutig voraus
Die Bürgermeisterin von Scharbeutz, Bettina Schäfer hat es am Wochenende vorgemacht. Auch die Küstenorte Scharbeutz und Haffkrug ächzten unter der Last der vielen Urlauber und Tagestouristen. – So sehr, dass hier die Notbremse gezogen wurde.
Liebe Bürgerinnen und Bürger,
liebe Gäste,
unsere Küstenorte Scharbeutz und Haffkrug haben die Kapazitätsgrenze erreicht. Bitte reisen Sie nicht mehr an. Wir werden die Orte sperren und nur noch den Verkehr ableiten.
Bitte haben Sie Verständnis für diese Maßnahmen.
Liebe Grüße
Bettina Schäfer
Bürgermeisterin
Dieses Vorgehen der Bürgermeisterin erfordert Mut, ist aber auch unausweichlich. Abgesehen von der infrastrukturellen Belastung der Urlaubsorte ist auch das Gesundheits- und Sicherheitsrisiko bei vollkommen überlaufenen Stränden und Innenstädten zu groß.
Auf Fehmarn muss gehandelt werden, schnell.
Es bleibt also abzuwarten, welche Schlüsse man auf Fehmarn aus diesen ersten Wochenenden nach der „Neueröffnung“ der Insel ziehen kann. Das erste Mal Rede und Antwort musste Jörg Weber gestern um 17 Uhr im Senator-Thomsen-Haus stehen. Hier fand die Sitzung des Hauptausschusses statt. Dies sollte auch der vermeintlich richtige Ort sein, um Nägel mit Köpfen zu machen und zwischen finanziellem Aufschwung nach der harten Coronazeit und der strukturellen Belastung der Insel abzuwägen. Wenn die Stadt keine Lösungen anbieten kann, müssen vielleicht private oder wirtschaftliche Interessengemeinschaften einspringen, um Fehmarn lebenswert und attraktiv zu halten und entsprechende Konzepte umzusetzen.
Nachfolgend veröffentlichen wir die Leserbriefe unverändert:
MD*, Petersdorf
Liebe Redaktion,
Nur vorweggeschickt, ich bin für den Tourismus auf Fehmarn, wir leben davon.
Aber welche touristische Ignoranz hier derzeit ausgeübt wird ist unglaublich.
Gestern Abend OpenAir-ähnliche Zustände am Bojendorfer Strand mit Booster-Musik, Alkohol und Auflauf, als hätten wir Corona nie gehabt, der davor liegende Parkplatz, welcher für Camping gesperrt ist, mit zusammengestellten Campern, Grillen und offenem Feuer, wildes Campen auf der Insel verteilt, mir fehlen die Worte.
Urlaub auf unserer Insel gerne, aber regelkonform. Sonst müssen wir die Ordnungshüter rufen und eingreifen, oder die Insel wegen Überfüllen schließen.
Können Sie gerne als Kommentar oder Leserbrief abdrucken/einstellen.
Beste Grüße
MD aus Petersdorf
*(Name der Redaktion bekannt)
Jürgen Sohn, Alten-Buseck
Offener Brief an den Bürgermeister der Stadt Fehmarn,
verteilt über Leserbrief an die folgenden Pressestellen
Fehmarnsches Tageblatt
OH-Presse
Lübecker Nachrichten
Sehr geehrter Herr Weber,
wir haben in einem kleinen Ort auf Fehmarn ein wunderschöne Ferienwohnung und genießen die Ruhe und Geborgenheit dieser Insel. Da wir überlegen, auch nach dem aktivem Arbeitsleben im Ruhestand, den 1.Wohnsitz auf die Insel zu verlegen, bin ich an den Geschehnissen dieser Insel interessiert und habe die Stadtvertretersitzung letzte Woche besucht. Dort wurden von diversen politischen Vertretern und Bürgern darauf hingewiesen, dass berechtigte Sorgen bestehen, dass die Insel über Pfingsten überläuft und Wildcampern, Falschparkern etc. Einhalt geboten werden muss. Dies ist offensichtlich nicht geschehen.
Wir haben sicherlich 6 – 8 neue (Wild)Campingplätze dazu bekommen. Es wurde weder durch Sie (Ordnungsamt) noch durch die Polizei, wie von Ihnen versprochen, eingeschritten, trotz Anrufen bei der Polizei. Alleine am Sonntagabend haben auf dem Parkplatz am Grünen Brink ca. 35 Wohnmobile über Nacht gestanden. Eine Ordnungswidrigkeit, da der Parkplatz ab 22 – 7 h für Wohnmobile gesperrt ist, hätte alleine dieser eine neue Wildcampingplatz in die Kasse der Stadt, mindestens EUR 1.500,- bis EUR 15.000 an Bußgeldern einspielen können. Der Parkplatz ist weiterhin nur bis 2 tons zulässigem Gesamtgewicht erlaubt, der Großteil dieser fast schon LKW großen Fahrzeuge ist über 2 tons schwer. Die Beschädigungen durch erhöhte Gewichte der Fahrzeugeinheiten ist noch nicht berücksichtigt.
Herr Weber, das ist ein Zustand, den Sie hätten verhindern können und hätten verhindern müssen.
Es ist unhaltbar und zeugt von Ignoranz Ihrerseits gegenüber den Bürgern, zahlenden Gästen, Zweitwohnbesitzern, Gewerbetreibenden etc., nicht dagegen zu steuern. Wir, als Bürger, Gäste, Zweitwohnbesitzer usw. tragen mit unserem Geld in Form von Steuern, Abgaben, Zweitwohnsteuern und sonstiges dazu bei, dass Infrastrukturen, wie z.B. Tagesparkplätze usw. erstellt werden. Diese Wildcamper, Katastrophenparker tragen nicht dazu bei. Geahndet wird es aber von Ihnen auch nicht.
Das Pfingstwochenende war die Katastrophe. Alles zugeparkt, ohne dass eingeschritten wurde. Rettungswagen wären nicht durchgekommen. Da lobe ich mir die Bürgermeisterin von Scharbeutz, Frau Bettina Schäfer, die Scharbeutz und Haffkrug gesperrt hat.
Vielleicht sind Frauen einfach empathischer und wissen auf was es ankommt?! Sie stellen sich zur Wiederwahl? Weshalb? Sie sollten das nicht in Erwägung ziehen! In der freien Wirtschaft hätte Sie Ihre Gleichgültigkeit und fehlende Einsatzbereitschaft schon längst den Job gekostet.
Mit freundlichen Grüßen
Jürgen Sohn